Das Leuchten der Insel by Kathleen McCleary

Das Leuchten der Insel by Kathleen McCleary

Autor:Kathleen McCleary [McCleary, Kathleen]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Heyne
veröffentlicht: 2014-11-18T05:00:00+00:00


15. Kapitel

Betty 1961

Bettys Leben mit Bill ging so weiter, Jahr für Jahr. Bill fuhr im Frühherbst fort, um während der Königskrabben-Fangsaison in Alaska zu arbeiten, und kam sechs oder sieben oder zehn Monate später wieder. Im Sommer war er dann zu Hause. Er half auf der Farm und verbrachte möglichst viel Zeit mit Jimmy.

Betty fragte nie nach anderen Frauen, und Bill gab von sich aus nie irgendwelche Informationen preis. Aber sie wusste Bescheid. Sie wusste es durch die Art, wie er etwas beschrieb: einen Film, den er gesehen hatte, oder ein neues Restaurant in Seattle. »Wann warst du in Seattle?«, fragte sie, und er antwortete, er habe dort vor oder nach der Krabben-Fangsaison ein paar Tage verbracht, aber er sah ihr, während er darüber sprach, nicht in die Augen. Sie wusste es auch durch den Tand, den sie in seinen Taschen oder auf der Kommode fand – ein silbernes Feuerzeug oder eine Pu¯pu¯keakette aus Hawaii. Sie spürte es sogar durch die Art, wie er sie berührte: Seine Berührungen waren manchmal anders als das letzte Mal, als er zu Hause gewesen war.

Aber sie hatte dem zugestimmt; es war eine Übereinkunft, die sie vorgeschlagen hatte. Bill hielt sich an ihre Vereinbarung, indem er sich nicht mit anderen Frauen traf, während er auf Sounder war. In diesem Punkt vertraute sie ihm. Er liebte sie auf seine Weise. Er liebte ihren Sohn. Er schrieb Jimmy seit dessen drittem Lebensjahr fast jede Woche aus Alaska. Wenn er im Sommer zu Hause war, brachte er ihm bei, wie man Poker spielt, Lachsen auflauert oder einen Stein über die glatte Oberfläche eines Sees hüpfen lässt.

Natürlich hatte Betty auch finstere, quälende Stunden; Nächte, in denen sie unruhig im Cottage auf und ab lief, nachdem Jimmy eingeschlafen war, und eine Sehnsucht spürte, die sie nicht benennen konnte. Es war nicht einfach ein sexuelles Verlangen, obwohl das bei ihr stark ausgeprägt war, noch war es schlicht jene altvertraute Einsamkeit, die sie ebenfalls oft empfand. Es war ein unstillbares Sehnen danach, dass sich jemand nach ihr sehnte. Zumindest blieb es unstillbar, solange sie mit Bill verheiratet war.

Jim war kaum zu bändigen. Mit achtzehn Monaten fand er heraus, wie er die Hintertür öffnen konnte: Er legte beide Hände auf den schmiedeeisernen Entriegelungshebel und drückte ihn mit aller Kraft nach unten. Als ihm das zum ersten Mal gelang, bemerkte Betty ein paar Minuten lang nicht, dass er rausgelaufen war. Schließlich sah sie die offenstehende Tür, raste zum Ufer an der Bucht und suchte es nach ihm ab, bis sie den Lärm aus dem Hühnerstall hörte, wo er jauchzend den Hühnern hinterherjagte.

Mit drei fand er den Revolver, den Bill in einer Schachtel hinten im Schlafzimmerschrank aufbewahrte. Jim nahm ihn und feuerte einen Schuss auf die Matratze ab. Betty war in der Küche und hörte den Schuss. Als sie seinen Namen schrie, verkroch sich Jim unter das Bett. Sie lief ins Schlafzimmer und sah den rauchenden Revolver auf dem Boden liegen, aber nichts von ihrem kleinen Jungen. Sie sah sich nicht um und schaute auch



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